Tuesday, October 03, 2006

Go Chiefs!!

Dass Football im amerikanischen Alltag eine so grosse Rolle spielt wie Fussball in Deutschland, ist wohl allgemein bekannt. Big Dave nutzt die Schwaeche seiner Kunden fuer die Kansas City Chiefs schon mal aus, indem er auf Mahnungen "Go Chiefs!!" schreibt und einen kleinen Smiley dazukritzelt. Erhoeht die Zahlungsbereitschaft wohl unglaublich.

Dass ich selbst noch nie einen Zeh in ein Fussballstadion, geschweige denn eins fuer Football oder Baseball, gesetzt habe, duerfte wohl auch niemanden schockieren. Umso stolzer kann ich jetzt sagen, dass ich am Sonntag auf meinem ersten Footballspiel war: die Chiefs gegen die San Francisco 49ers - Brandons Eltern hatten uns Karten besorgt und fuhren selbst hin. Da konnten wir natuerlich nicht nein sagen.

Um 12 Uhr mittags ging das Spiel los. Um 9:30 Uhr fuhren wir aus St. Joseph ab. Gegen 10:30 Uhr stiessen wir auf der I435 auf die Mutter aller Staus und stellten schnell fest, dass es sich dabei um alle anderen Footballfans der Welt handelte. Ca. 45 Minuten ging es nur im Schritttempo vorwaerts. Es war genau wie auf der A1 am Hagener Kreuz im Berufsverkehr, zum Heulen schoen... Schliesslich tauchte aber doch das gigantische Stadium am Rand der Autobahn auf. Als naechstes ging es nun ans Parkplatzsuchen, denn soweit das Auge reichte, hatten die riesigen Gelaendewagen der anderen Fans schon alles belegt. Sie parkten auf den markierten Plaetzen, am Rand des Weges, am Hang, die Huegel hinauf... und dazwischen standen ueberall Grills; Unmengen an Menschen in roten Chiefs-T-Shirts tranken Bier, assen Hot dogs und feierten. Da die Ordner uns allesamt einfach weiter durch winkten, landeten wir schliesslich auf einem abgelegenen Huegel direkt an der Autobahn. Und selbst dort mussten wir, um parken zu koennen, noch eine "dritte Reihe" aufmachen. Aber dafuer kostete der Parkplatz auch "nur" 20 Dollar!

Am Stadioneingang wurden die Besucher in getrennte Schlangen nach Maennern und Frauen aufgeteilt; alle Taschen wurden von Sicherheitspersonal durchsucht und alle Fans ebenfalls. Lisa und ich bekamen von einer sturzbetrunkenen Dame in voller Chiefs-Kriegsbemalung eine halbe Dose Bier angeboten, da sie sie nicht mit ins Stadium nehmen durfte. Wir lehnten hoeflich ab. Wie die Geschichte ausging, weiss ich leider nicht, denn auf den Raengen war schon die Hoelle los, also beeilten wir uns und schafften es genau zur Nationalhymne auf unsere Plaetze.

Zum Spielverlauf kann ich leider nicht viel sagen, da ich die Regeln von Football nicht verstehe, nie verstanden habe und vermutlich auch nie verstehen werde. Aber die Chiefs gewannen das Spiel 41:0, was, wie man mir sagt, ein ziemlich eindeutiges Ergebnis ist. In allen vier Ecken des Spielfelds waren Cheerleadergrueppchen ununterbrochen bei der Arbeit, und zwischen den vier Spielvierteln gab es groessere Einlagen von ihnen. Ein Maskottchen haben die Chiefs auch; es sieht aus wie eine Ratte im roten Chiefs-T-Shirt. (Ein Indianerhaeuptling ist wohl nicht politisch korrekt genug?!?) Nach Touchdowns liefen ausserdem vier Fahnentraeger mit Chiefs-Fahnen kreuz und quer ueber den Platz. Bisschen irritierend, aber huebsch anzusehen...

Wenn es spannend wurde, sprangen alle von ihren Plaetzen auf und schrien. Das ist ein wenig laestig, wenn man nicht weiss, was vor sich geht, aber ich machte mit, weil ich sehr, sehr geduldig bin. Die Belohnung liess nicht lange auf sich warten: Erdnuesse! In der Schale! Und die Schalen durfte man einfach auf den Boden werfen! Dann begannen die La-Ola-Wellen, und das machte richtig Spass. Ich versuchte, eine zu filmen, aber dafuer waren meine Batterien mittlerweile schon zu schwach.

Hier sind ein paar von den Bildern, die ich gemacht habe:

Blick von unseren Plaetzen aus


Cheerleader bei der Arbeit


Ron ist albern...


... und ich habe einen riesigen Schaedel.

(Ron und ich mussten zwischendurch die Plaetze tauschen, da die Fans hinter mir so laut waren. Da Ron schwerhoerig ist, hat es ihn nicht gestoert. Mann, waren die laut! Bei der Gelegenheit habe ich einen neuen Begriff gelernt: "armchair quarterback". Das ist der gleiche Typ Sportfan, der auch in Deutschland vor dem Bildschirm sitzt und bruellt: "Los, beweg dich...!!")

Im Gegensatz zu Fussball wird ja bei Football unendlich oft pausiert, die Mannschaften stellen sich an einer anderen Position neu wieder auf, die Schiedsrichter beraten sich untereinander... Das bietet sich doch geradezu an, um Werbung fuer den oertlichen Toyotahaendler zu machen, einen 25-Dollar-Gutschein fuer Price Chopper zu verlosen oder ein paar T-Shirts ins Volk zu werfen! Somit war also buchstaeblich immer Halligalli. Waehrend der Halbzeit fuehrten ca. 150 Damen aus verschiedenen Jazzercise-Gruppen etwas vor. Wie uns der Moderator vorher erklaerte, hatte jede von ihnen sich das Recht erworben, an dieser Vorfuehrung teilzunehmen, indem sie mindestens 250 Dollar fuer einen guten Zweck gesammelt hatte.

Nach dem Spiel lief die Abfahrt erstaunlich schnell und reibungslos ab. Ueberall standen Polizisten und Ordner, die jedes Auto dahin bugsierten, wo sie es haben wollten. Auf der I435 hatte man kurzerhand einen Abschnitt ganz abgesperrt, so dass die Autos alle 4 Spuren zur Abfahrt Richtung Stadt nutzen konnten.
Wir fuhren zurueck nach St. Joseph, stellten fest, dass wir am Verhungern waren, und gingen im Whiskey-Creek-Steakhouse essen.

Soviel zu meinem ersten Footballspiel!

Das Calexico-Konzert am Samstag war ebenfalls super! Sehr viel Spass gehabt! Das indische Abendessen vorher war auch nicht zu verachten. :-)

Currently reading: Too Brief a Treat: The Letters of Truman Capote

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