Tuesday, October 28, 2008

Geschasst

Gestern wurde mein Chef entlassen.

Ich bin immer noch geschockt - so etwas hatte ich noch nie erlebt, weder hier noch in Deutschland. Um 16.30 Uhr ist in meiner Abteilung offiziell Feierabend, ich bleibe meist bis 16.45 Uhr, weil die beiden Kollegen aus einer anderen Abteilung, mit denen ich eine Fahrgemeinschaft bilde, dann erst fertig sind. Um 16.15 Uhr gestern kam einer der Vize-Präsidenten der Firma in unsere Abteilung und bat uns alle, in einen der Konferenzräume zu kommen.Dort wurde uns dann erklärt, dass 1. ein Teil unserer Abteilung ab sofort in einen anderen Bereich der Firma eingegliedert wird, und 2. der Direktor unserer Sparte "nicht mehr für den Verlag arbeitet." Fürs erste ist einer der Vize-Präsidenten für uns zuständig. Natürlich wurde uns nicht erklärt, warum unser Chef entlassen wurde, nur, dass es wahrscheinlich im beiderseitigen Interesse gewesen sei.

Auf dem Weg zurück in unsere Abteilung erzählte die Kollegin, deren Arbeitsplatz direkt neben dem Büro des Chefs ist, dass etwa 5 Minuten, bevor wir alle geholt wurden, der Vize-Präsident erschienen war und den Laptop des Chefs mitgenommen hatte. Dann kam ein anderes Mitglied der Geschäftsführung und nahm ihn selbst mit. Unser Großraumbüro ist nur durch Stellwände unterteilt, also konnte sie das ganze beobachten. Die Amerikaner fackeln da nicht lange - selbst wenn jemand seine Kündigung zu der vorgeschriebenen 2-wöchigen Frist einreicht, kann es passieren, dass er noch am gleichen Tag vom Firmengrundstück eskortiert wird, um Sabotage zu vermeiden oder z.B. Vertretern keine Kommission mehr zahlen zu müssen.

Als wir zurück nach oben kamen, war der Chef in seinem Büro, zusammen mit dem Vize-Präsidenten und der Leiterin der Personalabteilung. (Unser Motto ist jetzt: "Wenn du sie auf dich zukommen siehst, klettere über die Stellwand und lauf weg, so schnell du kannst!") Er packte seine Sachen unter Aufsicht in Pappkartons. Wir standen alle am anderen Ende unserer Abteilung und unterhielten uns leise darüber, wie unerwartet das war und was jetzt wohl aus uns werden würde. Unterbrochen wurden wir vom Chef, der mit seiner Begleitung auf dem Weg nach draußen kurz bei uns anhielt. "Ein schönes Leben Ihnen allen," sagte er sarkastisch, "Ich bin mir sicher, Sie werden es genießen." "Tschüs," stammelten wir; dann waren sie weg, und wir fielen fast um: Wie unangenehm war das denn gewesen?!?

Es war schon fast 16.45, und ich musste los - meine Fahrgemeinschaft wartete. Als ich über den Parkplatz ging, hielt ein Wagen neben mir: mein ehemaliger Chef! Er ließ das Fenster herunter und sagte: "Tja." "Viel Glück," wünschte ich ihm, weil mir sonst nichts einfiel. "Dies ist eine schlechte Zeit, um arbeitslos zu sein," meinte er trocken. Dann setzte er etwas hinzu, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: "Nur zur Warnung - es wird Veränderungen in der Abteilung geben. Ich würde allen raten, sich einen Plan B zurecht zu legen." Dann fuhr er davon, und ich durfte mir überlegen, was das wohl heißen sollte. Ziemlich panisch berichtete ich meiner Fahrgemeinschaft, was passiert war. Gottseidank sind beide sehr rationale Menschen. "Wieso sollte die Geschäftsführung dem noch erzählen, was sie mit eurer Abteilung vorhaben?" fragten sie. "Vielleicht haben sie ihm auch einfach eine Ausrede aufgetischt, damit er sich besser fühlt. Eure Jobs sind bestimmt nicht in Gefahr."

Danach fühlte ich mich etwas besser. Trotzdem erschienen mir nachts im Traum sämtliche Angestellte unserer Firma, die in letzter Zeit entlassen worden waren.

Heute morgen wurden wir dann gleich nach Arbeitsbeginn zu einem Treffen mit dem Vize-Präsidenten bestellt. Unsere erste Frage lautete: "Was wird uns aus?" Er erklärte uns, dass es tatsächlich Veränderungen geben werde. In 2-3 Wochen sollen sie offiziell verkündet werden. Unsere Jobs seien nicht in Gefahr, aber die Inhalte könnten sich ändern. In den nächsten Wochen werden wir viel damit zu tun haben, Hintergrundinformationen zu unserer Arbeit zu liefern.

Nach dem Gespräch fühlten wir uns alle ein wenig besser. Ich bin natürlich gespannt auf die Umstrukturierungspläne, die uns da in 2-3 Wochen eröffnet werden. Und es ist ein bisschen einschüchternd, direkt mit dem Vize-Präsidenten der Firma zu tun zu haben und ihm von irgendwelchen pisseligen Spreadsheets zu berichten, die ich erstellt habe. Aber hoffentlich werden wir uns nicht vollkommen blamieren, und es wird sich zeigen, dass diese Veränderung für uns alle am besten war...

Saturday, October 25, 2008

Spaß mit Kameras

Letztes Wochenende waren wir auf einer Familienfeier - einer Hochzeit. Mehrere Verwandte waren von weiter her angereist, z.B. Brandons Onkel und Tante aus Iowa, ihre Tochter aus Seattle und ihr Sohn mit schwangerer Frau und Stieftochter. Letztere hatte ich auch noch nicht kennen gelernt, dabei haben wir relativ viel Kontakt mit diesem Cousin, und alle 3 sind sehr nett. Aber sie hatten im ganz kleinen Kreis geheiratet, und zu der Feier ein paar Wochen später konnten wir nicht fahren.

Es war ein schönes Wochenende. Ron hat uns sowohl Samstag als auch Sonntag mit Frühstück vollgestopft - Sonntag war die erweiterte Familie extra dazu zu Ron und Lisa gekommen. Nach dem Essen wollte Brandons Onkel mit seiner neuen Kamera spielen und ein Familienfoto machen. Wir reihten uns also auf, es dauerte ein paar Minuten, bis er den Selbstauslöser eingestellt hatte, er kam angelaufen und stellte sich dazu, wir lächelten, es blitzte... die Gruppe fing an, sich aufzulösen, und zu unserer Überraschung blitzte es wieder! "Ohhhh!!" riefen elf Familienmitglieder gleichzeitig... und es blitzte wieder. Da gab es kein Halten mehr. Wir fingen an zu lachen, während es wieder und wieder blitzte, insgesamt zehnmal. Der Selbstauslöser ist wohl besser, als wir gedacht hatten! Leider habe ich bisher nur zwei Bilder aus der Serie:



Und dann zwei, nachdem wir begriffen hatten, wie die Kamera funktioniert:


Und noch eins von der Feier (Peggy, Onkel Ted, Lisa, Ron):

Saturday, October 11, 2008

Spaß im Wahlkampf

Nur noch 2 1/2 Wochen bis zur Wahl des nächsten Präsidenten! Whoo! So langsam werden auch die Letzten kribbelig. Die Amerikaner haben keine großen Probleme damit, anderen mitzuteilen, wen sie wählen. In den Vorgärten sieht man überall die bei den Parteien erhältlichen Schilder für McCain/Palin und Obama/Biden, manchmal direkt in benachbarten Gärten. Oha! Ob da wohl der Nachbarschaftsfrieden vorübergehend zum Teufel geht?

An Brandons Geburtstag wollten wir in einem kleinen vietnamesisch/japanischen Restaurant in der Nähe zu Abend essen und uns dann um 20h die Debatte zwischen den Vize-Präsidentschaftskandidaten im Fernsehen ansehen. Leider war das Restaurant so voll, dass wir um 20h noch mitten am Essen waren. Allerdings hatte eine der anderen Gäste die Besitzer gebeten, den Fernseher an der Bar auf die Debatte zu schalten, also bekamen wir den ersten Teil halbwegs mit und zogen später ganz an die Bar um, als dort Plätze frei wurden. Ich war sehr verärgert, dass Sarah Palin sich nicht weiter blamiert hat... geholfen hat dies der republikanischen Partei allerdings trotzdem nicht sehr; Obama liegt immer noch in Führung. Saturday Night Live hat auch zu dieser Debatte eine Parodie gemacht: hier! Ob man es glaubt oder nicht - dadurch bekommt man tatsächlich ein Gefühl für den Grundton der Debatte, selbst wenn man sie gar nicht gesehen hat!

Worüber sollen wir uns hier bloß unterhalten, wenn die Wahl vorbei ist? :-)